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09.10.2025

"Ich schätze die Dynamik und die Menschen der Fitnessbranche"

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Interview mit Dr. Andreas Lintner

Dr. Andreas Lintner war 14 Jahre lang geschäftsführender Gesellschafter von easyTrain und easySolution. Nach dem Verkauf seiner Geschäftsanteile 2022 legte er eine schöpferische Pause ein. Seit dem vergangenen Jahr ist er mit seinem neuen Unternehmen, der Vierkant Software GmbH, zurück in der Branche. Ausgehend von einem Tool für die Arbeitszeiterfassung möchte er wieder Softwarelösungen für Fitness-Studios entwickeln.

Herr Dr. Lintner, was hat Sie dazu animiert, erneut in der Fitnessbranche aktiv zu werden?

Wir haben in der Vergangenheit vieles richtig gemacht und möchten an diesen Erfolg anknüpfen. Aber tatsächlich stützt sich diese Motivation auf drei Gründe, die ich kurz erläutern möchte. Ich habe in meiner Zeit als Ingenieur unter anderem das Unternehmen Opel beraten. Meine Jahre in der Industrie waren durchaus interessant, aber die Dynamik und die Menschen, die die Fitnessbranche ausmachen, habe ich wirklich zu schätzen gelernt. Mitarbeiter, Trainer und Studiobetreiber transportieren eine einzigartige Mischung aus Emotionen, Freude an der Arbeit, Professionalität und wirtschaftlicher Verantwortung.

Der zweite Punkt ist das andauernde positive Feedback der ehemaligen easySolution-Kunden, die nicht vergessen haben, dass der Kunde bei uns eine ganz besondere Rolle spielt. Der dritte Punkt ist, dass wir ein gutes Produkt haben. Das Zeiterfassungssystem „Zeitbox“, das wir entwickelt haben, ist ein tolles Produkt, das wir jetzt in der Fitnessbranche platzieren werden.

Bitte erzählen Sie den Lesern etwas über die Zeiterfassungssoftware „Zeitbox“.

Zunächst einmal kurz erklärt: Die Software „Zeitbox“ ist ein Produkt unserer Firma Vierkant-Software GmbH. Die gesetzlichen Anforderungen an die Arbeitszeiterfassung haben sich massiv verändert. Für Arbeitgeber eine große Verantwortung und ein immenser Aufwand. Diese Veränderung habe ich als Cliffhanger erkannt, um eine Software zu entwickeln, die diese Verwaltungsprozesse einfach macht.

Thema Arbeitszeitverwaltung: Heute müssen Arbeitszeiten für Mitarbeiter attraktiv gestaltbar sein. Zum Beispiel können Plus-Stunden in den Wintermonaten solide erfasst werden und in den saisonal schwächeren Phasen wieder reduziert werden. Das Tool „Stundenkonto“ ist dafür entwickelt worden. Vollständig automatisiert, mit Ober- und Untergrenzen des Stundenvolumens. Auch Urlaubsplanung und Urlaubsvertretung sind in die Software integriert.

Seit Jahresbeginn gibt es einen Zusammenschluss von Proleos+ und Vierkant-Software. Mit welchem Ziel?

Schon in der Vergangenheit hatten wir Kontakt mit dem Unternehmen Proleos+. Proleos+ suchte voriges Jahr eine Zeiterfassungssoftware für Sanitätshäuser. So kam es zu einer ersten Kooperation, speziell für Sanitätshäuser. Aufgrund der einzigartigen Struktur unserer „Zeitbox“ Software möchten wir auch durch diese Kooperation die Physiotherapie-Branche erschließen.

Was muss eine Studiosoftware heute können? Wie beurteilen Sie die Entwicklung der letzten Jahre?

Aus meiner Sicht als Softwareentwickler ist gar nicht so viel Neues dazugekommen. Zum Beispiel Schnittstellen für Trainingssoftware gab es schon 2018. EGYM hat diese Forschung sehr weit nach vorne getrieben. Eine entscheidende Sache hat sich verändert: Es wurde viel Entwicklungspotenzial darauf verwendet, welche Leistungen man zusätzlich zum Software-Abo noch monetarisieren kann. Das finde ich bedauerlich, da es dem Kunden, den man gewonnen hat, nicht hilft. Bei easySolution war das gesamte Backoffice automatisiert. Heute findet man im Backoffice-Bereich viele angedockte Dienstleister. Ich begrüße diese Entwicklung keineswegs, unser Credo lautet Customer-Service!

Welche Rolle spielt das neue Lieblingsthema KI bei Studiosoftware?

KI ist zurzeit wohl der Begriff, der am meisten überschätzt und gleichzeitig unterschätzt wird. Manche Prozesse sind absolut KI-geeignet, mache wiederum nicht. Zum Beispiel das ganze Customer- System und Lastschriftläufe sind nicht das, was KI-gestützt laufen sollte. Das macht keinen Sinn. Aber es gibt andere Bereiche, wo es sinnvoll ist, eine KI zu implementieren.

Inhabergeführte Studios oder Ketten – welche Kunden sind Ihnen lieber?

Es gibt eine ganz einfache Frage, die man sich als Unternehmer stellt: Möchte ich von ein paar Kunden viel Geld bekommen oder möchte ich von vielen Kunden wenig Geld bekommen? Ich persönlich glaube, dass der Enthusiasmus, die Freude, eigentlich immer viel dominanter ist bei einer kleineren Firma. Das Arbeiten mit inhabergeführten Studios oder kleinen Ketten gestaltet sich oftmals einfacher, wenn es um die Umsetzung von Anpassungen geht. Der Einzelunternehmer ist nach meiner Erfahrung auch der, der den Erfolg der Zusammenarbeit mit Treue honoriert. Aber natürlich möchte man sein Produkt auch bei großen Ketten platzieren, allein schon aus Renommee. Das sind die Leuchttürme im Kundenportfolio.

Wie schätzen Sie den europäischen Markt hinsichtlich Studiosoftware ein?

Das ist eine schwierige Frage. Viele Analysen zur Marktentwicklung sind Momentaufnahmen. Länderübergreifend betrachtet werden Fitness und das Fitnessbusiness in jedem Land vollständig anders wahrgenommen und monetär umgerechnet. Was ich damit meine, ist, Abrechnungsmodi reichen von einer Vorauszahlung der gesamten Vertragslaufzeit bis zu monatlichem Cash-pay via Kreditkarte. Die Softwareentwicklung der einzelnen Länder liegt eben im jeweiligen Land.

Wir haben in Deutschland circa 10.000 Fitnessanlagen, und das sind unsere Kunden, für die wir Studiosoftware entwickeln. Ich halte es für schwierig, Strukturen einer Software, die in Deutschland hervorragend funktioniert, auf ein anderes Land zu übertragen. Verwaltungssoftware hat viel mit Vertrauen zu tun. Undenkbar, dass man Einblicke in die betriebliche Finanzverwaltung einem ausländischen Anbieter anvertraut.

Wir gehen über die DACH-Region nicht hinaus, müssen somit im Umkehrschluss auch nicht befürchten, dass ein asiatisches oder US-amerikanisches Unternehmen auf den deutschen Markt drängen möchte. Beim Thema Zeiterfassungssoftware kann ich mir vorstellen, dass der europäische Markt zukünftig näher zusammenrückt.

Lieber Dr. Lintner, vielen Dank für dieses sehr aufschlussreiche Gespräch. Ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Erfolg.

Das Interview führte Susanne Neumann.

 


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